Im letzten Jahr hat die Techniker Krankenkasse (TK) eine hohe Anzahl an Behandlungsfehlern bei ihren Versicherten festgestellt. 6.431 Versicherte der TK wandten sich 2024 an die Kasse.
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Diese 6.431 Versicherten hatten den Verdacht, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein, teilte die TK mit. Nur im Vorjahr waren es geringfügig mehr Fälle, nämlich 6509. Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, sagt: „Die Bandbreite der geschilderten Vorfälle ist groß: Sie reicht von verwechselten Medikamenten, über die Operation des falschen Körperteils bis hin zu Todesfällen aufgrund von Pflege- und Behandlungsfehlern.“
Häufigste Behandlungsfehler nach Fachbereichen
Die Chirurgie und Zahnmedizin sind die Bereiche mit den meisten Fällen. Versicherte meldeten 34 Prozent aller Fehler in der Chirurgie. Mit deutlichem Abstand folgt die Zahnmedizin/Kieferorthopädie mit 18 Prozent. Damit fallen 52 Prozent der gemeldeten Behandlungsfehler auf diese beiden Fachrichtungen. Es folgen Geburtshilfe/Gynäkologie (9 Prozent), Allgemeinmedizin (7 Prozent) und Orthopädie (6 Prozent). Auf Pflegefehler und Augenheilkunde entfallen jeweils 4 Prozent, auf Innere Medizin und Neurologie/Psychiatrie jeweils 3 Prozent der Fälle. Die restlichen Facharztgruppen kommen zusammen auf 12 Prozent.

Meldepflicht für Behandlungsfehler gefordert
Der Chef der TK erklärt: „Leider gibt es eine erhebliche Dunkelziffer von unentdeckten Fällen. Viele Patientinnen und Patienten trauen sich nicht, ihre Rechte einzufordern.“ Andere wüssten nicht, wie sie so einen Schritt angehen könnten. Baas, der TK-Chef, fordert eine Meldepflicht für Behandlungsfehler für alle medizinischen Einrichtungen. Aktuell werden Fehler nur erfasst, wenn Patienten sie selbst melden. Baas sagt: „Dadurch bleiben viele Fehler unentdeckt und eine systematische Auswertung von Fehlerquellen und Verbesserungen ist unmöglich. Fehler werden bisher noch viel zu oft verschwiegen oder bagatellisiert statt sie als Chance für Verbesserungen zu nutzen.
„Wir brauchen eine offene Fehlerkultur, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern.“
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK
Schnellere Verfahren sind nötig
Baas kritisiert auch die langen Verfahren bei Behandlungsfehlern. Der TK-Chef: „Leider nutzen Haftpflichtversicherungen immer wieder die wirtschaftlichen Nöte infolge der Behandlungsfehler aus, um für sie günstige Vergleiche mit den Geschädigten zu schließen.“ Die Krankenkasse prozessiert in ihrem ältesten Behandlungsfehlerfall seit 2008 vor Gericht. Ein Ende ist nicht absehbar. Die Familie, um die es geht, kämpft seit 17 Jahren um ihr Recht. Aber die betroffenen Haftpflichtversicherungen setzen auf Zeit und hoffen, dass die Opfer irgendwann aufgeben.
„Es wird höchste Zeit, dass der Rechtsstaat die Interessen der Opfer stärker in den Blick nimmt und die Verfahren beschleunigt.“
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK
Datenschutz erschwert Aufklärung
Teilweise behindern strenge Datenschutzauflagen eine bessere Aufklärung. Zwar könnten Krankenkassen mithilfe von Datenanalysen mögliche Behandlungsfehler erkennen. Sie könnten Kunden informieren. Aber aktuell dürfen Krankenkassen die Betroffene nicht kontaktieren und auf Hinweise aufmerksam machen, selbst wenn klare Anhaltspunkte vorliegen. Der Datenschutz steht im Weg. Deswegen ist es wichtig, dass Versicherte aktiv die Hilfsangebote ihrer Krankenkasse nutzen.
zpl, Quelle: PM Techniker Krankenkasse, Teaserfoto: Adobe KI-generiert
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