Nahezu jeder Dritte in Deutschland (30 Prozent) äußert momentan Unzufriedenheit mit dem Gesundheitssystem. Diese Feststellung stammt aus dem TK-Meinungspuls 2025.
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Das Forschungsinstitut Forsa hat diese repräsentative Befragung im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) durchgeführt, um die Wahrnehmung des Gesundheitssystems durch die Bevölkerung zu ermitteln. Seit 2021 hat sich die Unzufriedenheit verdreifacht. Vorher gaben lediglich zehn Prozent der Befragten an, mit dem Gesundheitswesen nicht einverstanden zu sein. Laut Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, handelt es sich um eine Trendwende, denn bis 2021 stieg die Zufriedenheit in den Befragungen kontinuierlich an. Nun aber kehrt sich der Trend um, was keine Überraschung darstellt, da die finanzielle Belastung der Versicherten seit Jahren steigt, gleichzeitig klagen Menschen immer häufiger über lange Wartezeiten für Arzttermine. Viele haben den Eindruck, dass das System, für das sie immer mehr bezahlen, zunehmend schlechter funktioniert.

Diese Warnsignale sollte die Politik ernst nehmen. Politikwissenschaftler Prof. Wolfgang Schroeder, Experte für Demokratieforschung, betont, warum das Gesundheitssystem für die Politik Priorität haben sollte: Ein funktionierendes Gesundheitssystem bildet eine tragende Säule des Sozialstaats und ist somit entscheidend für das Vertrauen in die Demokratie. Wer Missstände im Gesundheitswesen ignoriert, unterstützt Populismus.
Unzufriedenheit mit Facharztpraxen wächst
Ferner steigt die Unzufriedenheit mit dem Angebot an Facharztpraxen. Damit sind 38 Prozent der Befragten weniger zufrieden oder unzufrieden, während es 2017 noch 27 Prozent waren. Ein Grund dafür könnten lange Wartezeiten sein, die 62 Prozent der Befragten stören (2017: 50 Prozent). Um den Patienten schneller Arzttermine zu ermöglichen, fordert die TK eine digitale Ersteinschätzung des medizinischen Bedarfs vor der Terminvereinbarung. Jene Ersteinschätzung hilft, gesundheitliche Probleme schnell einzuordnen und einen passenden Behandlungsweg zu empfehlen. Je nach Situation kommen digitale Selbsthilfe oder Termine in Haus- oder Facharztpraxen in Frage. Dringend benötigte Behandlungen soll man über eine digitale Plattform rasch vermitteln. Laut dem TK-Chef sollte man den Patienten mehr Orientierung im Gesundheitssystem bieten, damit sie zu den Arztpraxen gelangen, wo sie gut versorgt werden. Zielgenauere Versorgung entlastet auch die Ärzte.
Maßnahmen gegen steigende Beiträge gefordert
Auch befürwortet die Mehrheit der Befragten teilweise Reformen im Gesundheitssystem (73 Prozent), während jeder fünfte umfassenden Reformbedarf sieht (21 Prozent). „Die Politik hat zu viele wichtige Fragen ignoriert, einschließlich der finanziellen Schieflage in der Kranken- und Pflegeversicherung, des Reformbedarfs in der Notfallversorgung oder der steigenden Kosten bei Arzneimitteln“, äußert sich Baas. Politikwissenschaftler Schroeder ergänzt, dass es für eine stabile Demokratie wichtig ist, dass alle Menschen gleichermaßen an guter Versorgung teilhaben können. Zugleich sollten die Kosten tragbar sein. Die stark steigenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind daher besorgniserregend. Weiterhin rechnet die große Mehrheit (94 Prozent) mit steigenden Beiträgen. Deshalb fordert die TK ein Sofortprogramm mit schnellen Ergebnissen, denn höhere Herstellerrabatte auf neue Arzneimittel könnten zwei Milliarden Euro jährlich einbringen. Kommt der Bund seiner Pflicht zur Finanzierung der Beiträge für Bürgergeldempfänger nach, ergäbe sich eine Entlastung von über neun Milliarden Euro jährlich.
Deutsche Bevölkerung offen für Reformen im Gesundheitswesen
Dazu zeigt die Befragung, dass die Menschen in Deutschland Reformbedarf sehen und bereit sind, sich auf Neues einzulassen. Beispielsweise finden es 89 Prozent sehr gut oder gut, wenn Pflegekräfte oder medizinisches Fachpersonal bestimmte Aufgaben von Ärzten übernehmen. Ebenfalls stößt die geplante Krankenhausreform auf Zustimmung, so befürworten 72 Prozent die Spezialisierung der Kliniklandschaft. Vor allem die Digitalisierung wird als Chance gesehen, weshalb 81 Prozent Arzttermine online buchen oder dies zukünftig tun möchten. Des Weiteren würden 77 Prozent ihre Krankengeschichte digital vor einem Arzttermin erfassen und 75 Prozent die elektronische Patientenakte (ePA) nutzen. Ferner haben 68 Prozent bereits eine Videosprechstunde genutzt oder planen dies. Laut Baas ist die Aufgeschlossenheit der Menschen eine wichtige Grundlage, um das Gesundheitssystem voranzubringen. Dennoch ist die Politik gefragt. Sie muss dafür sorgen, dass Versicherte digitale Möglichkeiten so komfortabel wie möglich nutzen können, zum Beispiel durch einfachere Anmeldeverfahren für digitale Services wie E-Rezept oder elektronische Patientenakte. Video-Ident-Verfahren sollte im Gesundheitswesen genutzt werden, wie es bei der Kontoeröffnung bei Banken üblich ist.
zpl, Quelle: PM Techniker Krankenkasse, Teaserfoto: geralt/pixabay