Amalgam: Das Ende naht

Amalgam: Das Ende naht

Die Europäische Kommission hat ihre Quecksilber-Verordnung geändert, um Menschen und die Umwelt zu schützen. Das bedeutet auch, dass auch Zahn-Amalgam, für das jedes Jahr 40 Tonnen Quecksilber in der EU verwendet werden, komplett verboten wird.

Voraussichtliche Lesedauer: 5 Minuten

Quecksilber ist eine Bedrohung für Gesundheit und Umwelt

EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius erinnerte daran, wie manche früher silbernen Quecksilberkugeln hinterherjagten, wenn ein mit Quecksilber gefülltes Thermometer zu Bruch ging. Dank der EU-Gesetzgebung seien diese gefährlichen Spiele nun Vergangenheit.

 „Quecksilber ist eine hochgiftige Chemikalie, die eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt darstellt. Es ist an der Zeit, dem ein Ende zu setzen!“

Virginijus Sinkevičius, EU-Umweltkommissar

Wenn Quecksilber in die Umwelt gelangt, kann es in die Nahrungskette kommen und sich dort ansammeln. Eine hohe Quecksilberbelastung kann das Gehirn, die Lunge, die Nieren und das Immunsystem schädigen.

Amalgam-Füllungen bald verboten

Die überarbeitete Quecksilberverordnung sieht für Zahn-Amalgam folgendes vor:

  • Keine Verwendung von Zahn-Amalgam mehr ab dem 01.01.2025. Quecksilberfreie Alternativen stehen zur Verfügung.
  • Verbot der Herstellung und Ausfuhr von Zahn-Amalgam aus der EU ab 01.01.2025.

Die überarbeitete Quecksilberverordnung muss nun im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens vom Europäischen Parlament und vom Rat genehmigt werden.

Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung sehen Verbot von Amalgam kritisch

Während die Europäische Kommission davon ausgeht, dass es für Zahnfüllungen aus Amalgam quecksilberfreie Alternativen gibt, widersprechen sowohl die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) als auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). Beide Organisationen halten Amalgam für nicht ersetzbar, vor allem bei großen Füllungen, aber auch bei der Versorgung Pflegebedürftige und Patienten mit Behinderungen (Quelle: https://dentalmagazin.de/news/eu-kommission-bis-2030-ausstieg-amalgam/). Denn zurzeit existiert kein Füllungsmaterial, das ähnlich unkompliziert verarbeitbar und mit ähnlich geringem Zeitaufwand in der Mundhöhle verarbeitet werden kann1Amalgam als bewährtes Füllungsmaterial (aufgerufen am 30.07.2023). Nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen haben die Versicherten Anspruch auf eine zuzahlungsfreie Versorgung. Gleichzeitig muss ein alternatives Füllungsmaterial gleichermaßen geeignet und betriebswirtschaftlich sein. Verfügbare Alternativ-Materialien sind jedoch deutlich teurer. So wäre beispielsweise eine Versorgung mit Composit als Regelleistung für die Praxen betriebswirtschaftlich nicht zu verkraften. Unter diesen Maßgaben gibt es derzeit keinen standardisierten Füllungswerkstoff, der Amalgam ersetzen kann2 KZV Baden-Württemberg: Geplantes Amalgamverbot. Perspektiven für die vertragszahnärztliche Versorgung (aufgerufen am 30.07.2023).

2012 wurden in Deutschland nach Abrechnungsdaten der KZBV 1,4 Millionen, zehn Jahre später, 2022, dagegen nur noch 1 Million Amalgamfüllungen neu gelegt3zm-online: Zahnärzteschaft lehnt vorzeitiges Verbot von Dental-Amalgam ab (aufgerufen am 30.07.2023). Zu bedenken sind außerdem die sozialen Folgen eines allgemeines Verbot von Amalgam. Denn alle verfügbaren Alternativmaterialien sind deutlich teurer. Die in den Zahnarztpraxen vorgeschriebenen Amalgamabscheider garantieren zudem europaweit eine umweltverträgliche Nutzung des Werkstoffs4Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung – AbwV), Anhang 50 Zahnbehandlung.

IG Umwelt Zahn Medizin begrüßt Verbot von Amalgam

Anders sieht es die Interessengemeinschaft Umwelt Zahn Medizin. In ihrer Presseerklärung begrüßt sie das geplante Verbot: „Das ist ein Meilenstein. Endlich bekommen wir eine Regelung für Amalgam, die größte noch verbleibende Verwendung von Quecksilber in Europa und eine ernsthafte Bedrohung für Gesundheit und Umwelt.“5EU-Kommission will Amalgamfüllungen 2025 verbieten. Pressemitteilung derv IG Umwelt Zahn Medizin vom 16.06.2023 (aufgerufen am 30.07.2023)

Hintergrund
Quecksilber ist eine hochgiftige Chemikalie. Sie stellt sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für die Umwelt eine Bedrohung dar. Wenn Quecksilber in die Umwelt freigesetzt wird, gelangt es in die Nahrungskette, wo es sich anreichert (hauptsächlich in Fischen). Eine hohe Quecksilberbelastung kann das Gehirn, die Lunge, die Nieren und das Immunsystem schädigen. 
 
In der Vergangenheit wurde Quecksilber in zahlreichen Anwendungen verwendet, bspw. bei der Goldgewinnung, in Batterien, Leuchtstoffröhren, Thermometern und Barometern. In den letzten zwanzig Jahren hat die EU einen umfassenden Bestand an Rechtsvorschriften entwickelt. Hierzu zählt die  Quecksilberverordnung, die die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor  Freisetzungen von Quecksilber schützt und dabei den gesamten Lebenszyklus von Quecksilber vom primären Quecksilberabbau bis zur endgültigen Entsorgung von Quecksilberabfällen berücksichtigt. Dazu gehören auch Maßnahmen zum Handel mit quecksilberhaltigen Produkten und zur Quecksilberverschmutzung.6Giftiges Quecksilber: EU-Kommission verbietet Verwendung von Zahn-Amalgam ab 2025 (europa.eu) (aufgerufen am 30.07.2023)

zpl, Teaserfoto unter Verwendung von Bild von Freepik

Weitere Informationen auf diesem Blog

Weitere Informationen im Internet

Literatur/Anmerkungen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen