Eine kürzlich durch eine Nachrichtenagentur verbreitete WHO-Empfehlung zur Zahnbehandlung in Corona-Zeiten überraschte Patienten und Zahnärzte.
Empfiehlt die WHO nur dringende Zahnbehandlungen?
Laut der von einer französischen Nachrichtenagentur verbreiteten Empfehlung der Weltgesundheitsbehörde (WHO) sollen alle nicht dringend notwendigen Zahnbehandlungen aufgeschoben werden, bspw. Zahnreinigungen oder routinemäßige Vorsorgeuntersuchungen. Das soll der weiteren Ausbreitung des Coronavirus vorbeugen. Allerdings bezieht sich diese Empfehlung global, also auf alle 194 Mitgliedsländer der WHO. Besonderheiten des Infektionsgeschehens einzelner Länder oder in den Hygienevorgaben für die Zahnarztpraxen kann diese pauschale Empfehlung natürlich nicht berücksichtigen. So ist beispielsweise die derzeitige Corona-Lage in den USA oder in Brasilien nicht vergleichbar mit der Situation in Deutschland.
WHO Empfehlung bezieht sich nicht auf einzelne Länder
In der Originalfassung der WHO lautet die Empfehlung: „WHO advises that routine non-essential oral health care – which usually includes oral health check-ups, dental cleanings and preventive care – be delayed until there has been sufficient reduction in COVID-19 transmission rates from community transmission to cluster cases or according to official recommendations at national, sub-national or local level.“ (WHO).
Die WHO rät also dazu, nicht akut notwendige Zahnbehandlungen und Vorsorgeuntersuchungen so lange zu verschieben, bis die COVID-19-Übertragungsraten auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausreichend gesenkt wurde. Auf Basis dieser, zugegeben etwas unklaren Empfehlungen vermitteln einige Medien den Eindruck, die WHO würde während der Corona-Pandemie generell von nicht akut notwendigen Zahnarztbehandlungen abraten. Daher sah sich die WHO genötigt, ihre Empfehlung nochmals zu präzisieren.
„Unfortunately, a number of media headlines intentionally or not — when they are referring to the WHO guidance, did not mention that the recommendation to delay routine oral health care is only suggested in an intense uncontrolled community transmission scenario. A scenario that not fit with the current situation of most of countries around the world. So please be aware of the missing information sometimes disseminated by the media that could increase fear and concern of patients seeking oral health care. I think we have all to play a part in sharing with the public, national dental associations and health authorities the full story provided in the guidance document.“
WHO Chief Dental Officer Benoit Varenne, Ph.D.
Die Empfehlung zu Zahnbehandlungen bezieht sich demnach nur auf ein intensives, unkontrolliertes Übertragungsszenario. Dieses Szenario passt jedoch nicht zur aktuellen Corona-Situation der meisten Länder. Es passt auch nicht zur derzeitigen Situation in Deutschland.
Zahnarztpraxen in Deutschland haben einen hohen Hygienestandard
In Deutschland gelten für die Praxen und das zahnärztliche Behandlungsteam strenge Hygienevorschriften, die bei Zahnbehandlungen für ein entsprechend hohes Schutzniveau in den Praxen sorgen. Eine Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) hatte die Hygienekosten in Zahnarztpraxen vor Ausbruch von Sars-CoV-2 analysiert: Die Gesamthygienekosten in Zahnarztpraxen in Deutschland betrugen bereits 2016 im Durchschnitt rund 70.000 Euro (das Zehnfache einer Hausarztpraxis 2016). Zum Gesundheitsschutz von Patienten und Mitarbeitern wurden in den (Zahnarzt)Praxen die Vorkehrungen 2020 überall weiter aufgestockt, um einer Übertragung mit SARS-CoV-2 vorzubeugen.
Erkenntnisse aus Wuhan (China), Italien, Südkorea, aber auch bisher vorliegende Berichte aus Deutschland zeigen, dass die Zahnmedizin weder Infektionen weiterverbreitet, noch ein erhöhtes Risiko für Infektionen für Patienten, Behandler und Team besteht, wenn diese ihre persönliche Standard-Schutzausrüstung wie gewohnt korrekt nutzen. Die strengen Hygienevorschriften in der Zahnmedizin tragen offensichtlich sehr zu einem entsprechend hohen Schutzniveau in den Praxen bei. Wichtig ist, dass auch Patienten sich an die inzwischen ganz alltäglichen Hygienevorschriften halten: Maske tragen, Hände desinfizieren oder waschen und Abstand halten.
(zpl)
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Weitere Informationen im Internet
- Bundeszahnärztekammer: Sars-CoV-2/COVID 19. (abgerufen am 20.08.2020)
- Word Health Organization (WHO): Considerations for the provision of essential oral health services in context of COVID-19. (abgerufen am 20.08.2020)
1 Kommentar zu „Zahnbehandlung trotz Corona?“
Gut zu wissen, dass sich die Empfehlung nicht auf die einzelnen Länder bezieht. Ich war in Vöcklabruck beim Zahnarzt. Mit entsprechenden Hygienemaßnahmen ist das Risiko wahrscheinlich sehr gering.