Der aktuelle Zahnreport der BARMER legt nahe, dass Mädchen in Deutschland möglicherweise zu häufig kieferorthopädisch behandelt werden. Etwa 70 Prozent der untersuchten Gruppe von über 53.000 Achtjährigen wurden kieferorthopädisch untersucht. Davon erhielten rund 60 Prozent der Mädchen und 50 Prozent der Jungen eine Behandlung.
Geschätzte Lesedauer 4 Minuten
Häufigere Kieferorthopädie bei Mädchen: BARMER Zahnreport deckt mögliche Überversorgung auf
Der aktuelle Zahnreport der BARMER zeigt auf, dass Mädchen in Deutschland möglicherweise zu häufig kieferorthopädisch behandelt werden. Bei einer untersuchten Gruppe von über 53.000 Achtjährigen erhielt etwa 70 Prozent eine kieferorthopädische Vorstellung. 60 Prozent der Mädchen und 50 Prozent der Jungen wurden anschließend behandelt. Schönheitsideale, Gruppendruck und elterliche Fürsorge sind mögliche Gründe dafür, dass Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Mädchen häufiger nachgefragt und behandelt werden als bei Jungen.
„Schönheitsideale, Gruppendruck und elterliche Fürsorge sind mögliche Gründe dafür, dass Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Mädchen häufiger nachgefragt und behandelt werden als bei Jungen.“
Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzende der BARMER
Regionale Unterschiede bei Behandlungen
Der Bericht hebt auch deutliche regionale Unterschiede hervor, wobei die Inanspruchnahme beispielsweise in Bremen bei 46 Prozent und in Bayern bei 60 Prozent liegt. In Bayern werden 65 Prozent der Mädchen kieferorthopädisch behandelt, in Baden-Württemberg 63 Prozent, während es in Bremen und Niedersachsen rund 53 beziehungsweise 55 Prozent sind. Prof. Dr. Michael Walter von der Technischen Universität Dresden, Autor des Reports, schließt daraus auf mögliche Übertherapie und Unsicherheiten bei der Bewertung der Behandlungsbedürftigkeit nach den bestehenden Kriterien der gesetzlichen Krankenversicherung.
„Bei der Gegenüberstellung zu den bislang bekannten Zahlen zum kieferorthopädischen Behandlungsbedarf haben uns die teilweise hohen Zahlen in einigen Regionen überrascht.“
Prof. Dr. Michael Walter von der Technischen Universität Dresden, Autor des Zahnreports
Ungleicher Zugang zur Kieferorthopädie: Zahnreport offenbart regionale Unterschiede in Deutschland
Der Zugang zur kieferorthopädischen Versorgung ist deutschlandweit insgesamt zufriedenstellend, jedoch nicht gleichmäßig verteilt. Zwischen 80 und 96 Prozent der Behandlungen finden in fachzahnärztlichen Praxen für Kieferorthopädie statt. Im Bundesdurchschnitt werden etwa 13 Prozent der kieferorthopädischen Behandlungen von Praxen ohne kieferorthopädischen Schwerpunkt erbracht. In ostdeutschen Flächenländern wird bis zu 19 Prozent der Behandlungen von Praxen ohne kieferorthopädischen Schwerpunkt erbracht, was auf lokale Zugangsnachteile hinweist, die durch diese Praxen teilweise ausgeglichen werden. Um eine bundesweit flächendeckende Versorgung sicherzustellen, fordert Report-Autor Walter eine verstärkte versorgungspolitische Beachtung der Verfügbarkeit von Fachärztinnen und Fachärzten für Kieferorthopädie vor Ort.
Hintergrund
Der BARMER-Zahnreport analysierte über zehn Jahre die Abrechnungsdaten von Achtjährigen bis zum Alter von 17 Jahren. Damit liegen erstmals valide Daten zum Anteil kieferorthopädisch behandelter Kinder und Jugendlicher vor. Die Ergebnisse ermöglichen auch einen Vergleich mit aktuellen epidemiologischen Daten zum Behandlungsbedarf.
zpl, Teaserfoto: proDente e.V.
Das könnte Sie auch interessieren
- Kieferorthopädie ist oft nötig
- Mehr Transparenz bei Kieferorthopädie
- Zahnpflege bei Kindern mit Zahnspangen
- Zahnreport 2016: Große regionale Unterschiede
- Soziale Herkunft und Gesundheit
Weitere Informationen im Internet
- BARMER Zahnreport 2024 (pdf-Datei, 10,79 MB [letzter aufruf am 12.08.2024]